Jakobsweg an der Küste: RIBADASELLA – LA ISLA

Jakobsweg an der Küste Ribadasella – La Isla

Tag 16: 20 km, ca. 500 Höhenmeter. Über San Pedro, San Esteban, Las Tejas.

Schon wieder habe ich in meinem Tagebuch notiert: Eine der schönsten Etappen. Und in der Tat, diese Wanderung entlang den Stränden und Klippen ist einzigartig.

In Ribadasella habe ich in der Früh bei einer Tasse Kaffee den spanischen Wetterbericht gesehen. Überall Wolken. Und hier vor Ort sogar Blitz und Donner.

Doch dann fällt mir zur Erheiterung von Jean-Louis folgende Lebensweisheit ein, die ich einmal gehört habe:

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

Im Fernsehen kommt nichts als Regen, aufgenommen in einer Bar

Der beste Wetterbericht trifft heut zu Tage mit einer Wahrscheinlichkeit von 71% zu. Die simple Aussage, das Wetter wird morgen Früh so wie heute Abend, trifft hingegen mit einer Wahrscheinlichkeit von 83% zu.

Jean-Louis muss lachen. So hat er die Dinge noch nie betrachtet. Gestern Abend zog es noch auf und wurde schön. Und heute ist es schön! So darf es bleiben.

Nach der Strandpromende von Ribadasella erwartet uns eine kleine Bergtour mit Alpenkulisse. Bunte Kuhweiden so weit das Auge reicht. Herrlich! All das wird begleitet vom munteren Gebimmel der Kuhglocken. Einige Bauern haben hier sogar Brunnen und Schläuche für die durstigen Pilger eingerichtet. Absolut super! Eine noble Geste. Auf den schmalen Wiesenpfaden lässt es sich heute super laufen.

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

Pilger vor einem Horreros

Und dann sehe ich etwas, was ich noch nie gesehen habe. Ein quadratisches Holzhäuschen mit Ziegeldach, welches auf vier Steinsäulen aufgerichtet ist. Ein „Horreos“. Jean-Louis erklärt mir, dass es sich hier um einen alten Getreidespeicher handelt, welchen wir in Asturien noch öfter sehen werden.

So ein Horreos steht auf Holzfüßen, die mit einem großen flachen Stein das Fundament des eigentlichen Bauwerkes bilden. Der Stein ist für Mäuse ein natürlicher Überhang, den sie nicht überwinden können. So bleibt das Getreide vor den Nagern verschont. Simpel, aber effektiv!

Von Almwiesen geht es nun wieder bergab zum Meer, das erhaben unter uns liegt. Hier befinden sich ein paar Häuser und ein idyllisches kleines Kaffee mit Strandblick. Wie immer menschenleer. Auch Jean-Louis hat nichts dagegen, hier ein wenig zu verweilen. Nach den überwundenen Höhenmetern bestelle ich mir ein kleines Bier und beobachte die freilaufenden Hunde, die hier im Paradies leben. Bis zum Ufer sind es ein paar Hundert Meter. Dazwischen ist alles recht ursprünglich grün bewachsen. Nach der kleinen „Stärkung“ geht es dann im „Garten Eden“ wieder bergauf. Rechts unten begleitet mich der Blick auf den Ozean. Der kleine Pfad hier ist gesäumt von kniehohem Gras, Brombeersträuchern und Blumen.

Wir sind wieder von Null auf etwa hundert Höhenmeter gekommen und obwohl wir erst Rast gemacht haben, verspüren wir nun auch unseren ersten Hunger. Zeit haben wir ja ohne Ende, also setzen wir uns einfach neben den Trampelpfad mitten in das weiche Gras.

Einsam über dem Meer kann ich sicher etwas für Jean-Louis zaubern!

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

Hafengegend im feuchten Morgennebel, 16 RIBADASELLA – LA ISLA (Camino de la Costa)

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

Pilger Jean Louis mit Reiseführer, 16 RIBADASELLA – LA ISLA (Camino de la Costa)

Die Natur vor den Füßen essen

Bei der Kräuterwiese, in der wir sitzen, denke ich sofort an einen schmackhaften Wildsalat.

Salatschüssel? Kein Problem. Mein Sonnenhut hat ja in etwa die Form einer Salatschüssel und mein Brot habe ich in einer Plastiktüte. Pater Ernesto hat Recht: Nutze die eigenen Ressourcen und deine Fantasie. Hut + Plastiktüte = Salatschüssel.

Sofort kann es los gehen mit dem Sammeln. Jean-Louis hat sich ein wenig entkleidet und genießt die Sonne und den Robinson-Crusoe-Ausblick. Dass ich jetzt Salatblätter sammeln gehe, ist ihm zwar nicht so recht geheuer, aber er lässt mich mal machen.

Als erstes entdecke ich ganz junge Gierschblätter. Sie erinnern mit ihrer intensiven Würze ein wenig an Petersilie. Auch Giersch ist ein Doldenblütler und daher einem Anfänger nicht unbedingt zu empfehlen. Doch der Geruchssinn kann den Giersch eindeutig von giftigen Vertretern der Gattung Doldenblütler unterscheiden.

Direkt vor meinen Füßen wachsen auch frische Huflattichblätter. Ein echter Genuss! Wer noch nie in seinem Leben Huflattichblätter gekostet hat, wird von dem zarten Geschmack begeistert sein. Da kann kein Eissalat aus dem Supermarkt mithalten! Von oben haben die jungen Blätter ein ganz helles und saftiges Grün. An der Unterseite haben sie einen „filzigen“ aber ebenso zarten Saum. Ich nehme mir die Zeit, auch die Blattunterseiten auf Käfer zu inspizieren, aber alles ist so frisch und sauber, dass wir definitiv keinen Wasserhahn benötigen werden.

Damit nicht genug. Ich muss nur wenige Meter umhergehen, um weitere Leckerbissen der Natur zu finden. Frische Spitzwegerichblätter! Sie sind mit ihrem einzigartigen Aroma auf jeden Fall eine kulinarische Entdeckung wert! Sie schmecken leicht nussig, sind knackig und mild. Ich blicke zu Jean-Louis und denke mir:

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

Wasserspender am Jakobsweg

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

Pilgern neben Doldenblütlern und Wildkräutern16 RIBADASELLA – LA ISLA (Camino de la Costa)

Wer so etwas noch nie gegessen hat, wird begeistert sein!

Nebenbei entdecke ich ein paar Rukolablätter und wilde Hopfentriebe. Letztere gehören für mich mit zu dem Feinsten, was die Natur zu bieten hat!

Bis heute weiß ich nicht, ob man die Blätter der schwarzen Johannisbeere wirklich essen darf, aber zu Hause mische ich sie in jeden guten Salat. Das ursprüngliche Aroma ist sensationell. Also auch davon ein wenig in meinen Hut!

Wegwarte blüht hier auch. Sicher kennt jeder die blau-violetten Blüten, die ein wenig den Kornblumen ähneln. Aber das man sie essen kann? Die Wegwarte ist nichts anderes, als die wilde Form des Chicorée-Salates und sie haben einen fantastischen Geschmack, wenn sie jung und frisch sind. Auch Thymian und Majoran wachsen hier an den steinigen Stellen. Direkt daneben finde ich den kleinen Wiesenknopf, dessen Blätter intensiv nach Gurke schmecken. Und: Ich finde die Wegrauke. Sie schmeckt so wie frische Kresse und hat ein würziges, scharfes Aroma.

Die ährige Teufelskralle hört sich zwar giftig an, kann es aber mit jedem Eissalat aus dem Supermarkt locker aufnehmen. Und dann gibt es noch jede Menge süßliche Margaritenblätter und kalorienreiche Brennnesselsamen. Letzterer ist mein absoluter Geheimtipp zum Experimentieren. Er schmeckt intensiv würzig und passt hervorragend zu Brot und Salat.

Alle Zutaten kommen nun in meinen „Hut“. Jean-Louis unterbricht sein Sonnenbad und sieht mir nun neugierig zu. Auf die Schnelle habe ich einen ganzen „Berg Salat“ gesammelt, den ich frischer nicht zubereiten könnte.

Alles mache ich nun klein und mische es in den „Hut“.

Darüber schnippel ich dann sehr klein meinen letzten Apfel. Jean-Louis steuert Salz und Pfeffer bei. Und dann: Zwei große Thunfischdosen auf und rein damit. Jean-Louis zaubert noch eine Tomate aus seinem Gepäck.

Garniert mit ein paar rosa Blüten vom Wiesenschaumkraut steht unser kulinarisches Mittagsmenü breit zum Verzehr. Bevor Jean-Louis probiert, fotografiert er die Salatschüssel unzählige Male. Mir wird bewusst, dass er hier wohl absolutes Neuland betritt!

Mit ein wenig Brot, Wasser und dem riesigen Salatteller werden wir nicht nur satt, sondern:

Wildsalat: Ein Foto von Zu Hause: Aber im Prinzip das Gleiche

Wildsalat: Ein Foto von Zu Hause: Aber im Prinzip das Gleiche

Um einen grandiosen Genuss reicher!

Jean-Louis vertraut mir mittlerweile offenbar ganz gut. Zu Anfang hat er in Sachen Grünzeug noch seine Bedenken gehabt. Aber das, was er jetzt auf seiner Zunge zergehen lassen kann, ist sensationell. Die Natur verwöhnt uns mit allem, was sie zu bieten hat!

Jean-Louis fragt mich, woher ich all dieses Naturwissen hätte und wie er das auch selbst lernen könnte?

Sicherlich haben mich meine Eltern schon als Kind für die Natur begeistert. Aber für das Essbare in der Natur habe ich mich dann erst sehr viel später interessiert. Klar habe ich mittlerweile ein halbes Bücherregal voll von Pflanzen- und Survivalbüchern. Aber das braucht es zu Anfang alles gar nicht. Mein erstes kleines Büchlein über essbare Pflanzen hat mir den Zugang zu dem Allgemeinwissen eröffnet, welches leider irgendwie in der zivilisierten Welt verloren gegangen ist. Es hat dann großen Spaß gemacht, die ersten „idiotensicheren“ Pflanzen zu sammeln. Und damit konnte ich dann nicht nur meine Frau und meine Kinder begeistern, sondern auch mit meinen Freunden im Grünen pflücken!

Nach und nach sind dann auch Raritäten dazu gekommen, aber die braucht’s für den Anfang gar nicht! Und irgendwann habe ich mich dann auch mit den giftigen Pflanzen beschäftigt, um jede Gefahr auszuschließen. Wenn man bedenkt, dass mindestens Zehntausend verschiedene Pflanzen bei uns heimisch sind und davon vermutlich nur 100 als unbekömmlich bis giftig eingestuft werden, dann kann man beruhigt loslegen, wenn man die wichtigsten Giftpflanzen kennt!

Jean-Louis jedenfalls hat jeden einzelnen Bissen genossen und in Anbetracht dessen, dass er von der Natur, die uns ernährt wohl keine Ahnung mehr hat, feuchte Augen bekommen.

Auch ich selbst habe jeden Bissen genossen. Schließlich wuchs (bis auf die Thunfischdose) alles direkt neben uns. So einen Wildsalat essen und gleichzeitig auf das unter mir liegende ruhige Meer blicken, das ist der Jakobsweg pur!

Es ist absolut erstaunlich, wie hier die unterschiedlichsten Aromen zusammenströmen und ein absolutes Hochgefühl auslösen. Damit meine ich allerdings nicht den ansonsten negativ besetzten Begriff „Aroma“, sondern die pure Natur, die heute wahrlich alles übertrifft!

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

Trampelpfad zum Wandern mit hohen Farnen

Caminreal Libre!

Gleich nach unserem phänomenalen Mittagsmahl geht es glücklich weiter über Kuhweiden. Immer wieder mit tiefblauem Meeresblick. Die Bauern haben hier ihre Weiden eingezäunt. Und manchmal steht beim Übergang zur nächsten Weide extra handgemalt „Caminreal Libre!“. Der wahre Jakobsweg ist für Pilger frei!

Nach einem Trip à la Allgäu plus Meereskulisse kommt man dann an einen Kilometer langen Traumstrand. Anstatt den empfohlenen Weg zu nehmen, ist der Strandlauf viel schöner. Weicher Sand unter den Füßen und ein totales Glücksgefühl belohnen jeden einzelnen Meter.

Hier, etwa 50 Höhenmeter über dem vor mir liegenden Strand, mache ich ein Foto.

Ein hölzernes Jakobswegschild zeigt die Richtung ins Paradies. Ein herrlicher Strandlauf mit Rucksack liegt vor uns. Kilometerweit breitet sich der lange und einladende Sandstrand vor uns aus. Der offizielle Jakobsweg verläuft weniger romantisch entlang der Küstenstraße. Doch die Beschilderung mit der Jakobsmuschel zeigt uns hier die schönste Alternative auf.

Heute könnte man baden. Es ist warm genug. Im Hinterkopf behalte ich diese Vorstellung vom Baden und gehe erst einmal weiter.

Den Schlüssel für die Herberge und den Pilgerstempel bekommen wir im Ort selbst.

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

Pilger am Küstenweg

Die Herberge ist wunderbar gelegen

Aufgeräumt und blitzblank sauber. Und es gibt eine Kochmöglichkeit.

Jean-Louis und ich suchen uns erst einmal ein Bett aus. Wie immer liegt Jean-Louis unten und ich freue mich über den „ersten Stock“.

Befreit vom Gepäck, schlendern wir dann an den Strand. Baden ist angesagt!

Nach zehn Minuten sind wir am Strand. Und bevor wir hinuntergehen, gibt es in einer kleinen Strandbar ein kühles „deutsches Bier“. Das zweite heute.

Und nun: Nichts wie ab, an den Traumstrand. Feiner Sand und türkisfarbenes Meer locken zu einem Sprung ins kühle Nass. Hinter der Bucht ragen grüne Berge empor, die aufgrund der außergewöhnlichen Wetterlage noch ein wenig Schnee auf den Gipfeln haben. Es ist der Gebirgsrücken um den Picu Pienzu el Sueve. Der mit seinen 1.112 Höhenmeter mächtige Gipfel ist Luftlinie gerade einmal 5 Kilometer von hier vom Strand entfernt. Von Null auf 1.112, das ist ein gigantisches Höhenprofil auf dieser kleinen Distanz!

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

Strandkulisse im Morgentau 16 RIBADASELLA – LA ISLA (Camino de la Costa)

Rein ins Meer!

Niemanden stört es hier, dass ich keine Badehose dabei habe und mit meiner ganz normalen Pilgerhose in den Atlantik sprinte. Heute passt einfach alles. Obwohl der Strand fast menschenleer ist, gesellt sich ein junges spanisches Pärchen mit kleinem Kind zu uns. Und natürlich reden wir sofort über den Jakobsweg. Ihnen muss der Jakobsweg wohl wie ein Paradies von Badestrand zu Badestrand vorkommen.

Auch ohne Handtücher wird das Baden ein herrliches Erlebnis für mich. Einfach mitten hinein in den Sand zum Trocknen. Sand über Sand, so unmittelbar habe ich Baden noch nicht erlebt. Meine Badenachbarn meinen „Arena va y viene“, Sand kommt und geht. Klar, irgendwann wird er von selbst davonrieseln!

Ich denke mir gerade, dass ich hierher eines Tages mit meiner Familie zurückkommen werde, um Urlaub zu machen.

Das schöne Wetter nutze ich in der Herberge gleich dazu, meine Wäsche zu waschen und mit geliehenen Wäscheklammern aufzuhängen.

Auch die Schuhe hänge ich an die Wäscheleine unter dem Vordach. Heute möchte ich für die Pilger kochen. In einem kleinen Tante Emma Laden kaufe ich mir vier Packungen Spaghetti, drei Packungen Tomatensauce, frische Meeresfrüchte, frisches Gemüse, Knoblauch und Salat.

Schon das gemeinsame Schneiden des Gemüses im Vorgarten der Herberge wird zu einem kleinen Fest. Rotwein habe ich mir nicht besorgt, den würde ich heute von den anderen bekommen. Aber ich bleibe erst einmal beim Leitungswasser.

In drei Töpfen koche ich nun die Spaghetti und dünste das Gemüse mit reichlich Knoblauch an. Und das wird morgen niemanden stören! Als Letztes gebe ich dann die frischen Meeresfrüchte in den Topf. Ein fantastisches Aroma.

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Mejora del Entorno de la Playa de Vega am Jakobsweg, Costas en Astruias

Zusammen Kochen

Als rechte Hand assistiert mir Ines, eine junge Pilgerin aus Österreich. Sie hat ihren Kopf vor dem Abenteuer kahlgeschoren und ist mit einem riesigen Rucksack aufgebrochen. Ines macht es großen Spaß, mit zu kochen.

Sie richtet den Tisch im Vorgarten wunderschön her. Auch die drei polnischen Pilger, der Opa mit seinen beiden Enkeln sind wieder hier.

Und ein französisches Pilgerpärchen aus Marseille. Sie ist eine junge Pilgerin, ganz im Stil des Flower-Powers. Und er ist eigentlich Marokkaner und Muslime. Dennoch geht er den Jakobsweg, um etwas über Gott zu erfahren.

Auch der polnische Pilger, den ich in Santillana fotografiert habe, ist hier. Und dann ist da noch ein älterer Franzose, der sich aus dem Trapez eines Surfbretts und einem Reifen eine Art Ochsenkarren gemacht hat. Er ist rückwärts unterwegs.

Der Duft des Essens erfüllt nun auch den Schlafsaal und weckt zwei Pilgerinnen, die um diese Zeit schon mal ein wenig geschlafen haben.

So wie Ines aufgedeckt hat, macht es besonderen Spaß zu servieren. Sie hat keine Mühen gescheut und jeden Teller mit ein paar Blüten dekoriert.

Die Weltreligionen am Tisch

Es folgt ein langes und sehr schmackhaftes Abendessen unter dem Vordach der Herberge. Jean-Louis und Hamdi, der junge muslimische Pilger, unterhalten sich über den Glauben. Endlich hat Jean-Louis mal lauter „Franzosen“ bei sich. Und heute sind gleich vier Weltreligionen vereint: Das Christentum, der Buddhismus, der Islam und… der Atheismus. Damit meine ich Ines, die den Gesprächen stundenlang gebannt lauscht. Ihre Eltern haben ihr keinen Glauben vermittelt. Auch wenn ihr „die Kirche“ fremd ist, ist sie auf der Suche nach ihrem Gott.

Hamdi erzählt Jean-Louis gerade was vom Salat und ich horche auf. Doch Salat, damit ist nicht der Salat gemeint, den er gerade isst, sondern „Salat“ ist das fünfmalige Gebet. Ich möchte natürlich nicht lachen und sehe also ein wenig weg. Aber Ines muss lachen und dann ist es um mich auch geschehen.

All das, was Hamdi über seinen Glauben erzählt, ist für mich fast Deckungsgleich mit dem Christentum. Und auch Jean-Louis kann dem Gedankengut von Hamdi in Teilen zustimmen. Was also soll uns voneinander trennen. Schließlich machen wir gemeinsam den Jakobsweg!

Ines erzählt mir davon, dass sie schon vor unzähligen Kirchen gestanden ist und sich kein einziges Mal hinein getraut hat. Irgendwann, wenn sie so weit ist, dann möchte sie sich überwinden und hinein gehen.

Auf meine Frage, warum sie nicht einfach mal reingeht, antwortet sie, dass sie etwas Angst davor habe, was dann vielleicht mit ihr passieren könnte. Weiteren Fragen weicht sie aus.

Auch hier in La Isla habe ich also, wie fast überall, eine perfekte Pilgerherberge vorgefunden. Keine Spur von dem, was man vom Hauptweg so liest und hört. Wie viele andere Herbergen auch, gibt man für die Übernachtung eine kleine Spende. Die Herbergsleute, bei denen ich meinen Stempel abgeholte, haben mir eine Spende von mir fünf Euro empfohlen. Die Praxis mit einer Spende „Donativo“ finde ich wirklich gut. Pilger, die sich das nicht leisten konnten, müssen sich nicht schämen und können dafür an anderer Stelle wieder etwas gutmachen. Es gibt allerdings auch Pilger, die im wirklichen Leben in völlig anderen Dimensionen leben. Und die können, ebenfalls unerkannt, auch einmal eine viel größere Spende in die typische Holzbox einwerfen. Zechpreller gibt es sicher nicht.

Der Glaube ist ihr fremd

Das einzige, was mich heute bewegt, ist Ines.

Sie wandert stets allein und zieht sich zurück. Irgendwie tut sie mir leid. Sie ist auf der Suche nach einem Glauben. Und doch sind ihr Kirchen, Kapellen und Beten völlig fremd. Dennoch haben wir uns ständig über Dinge unterhalten, die sich dem gewöhnlichen Sein entziehen und durchaus in eine, sagen wir spirituelle Ebene passten.

Gerade habe ich Hamdi mit ein paar Zahlen auf Arabisch zum Lachen gebracht. Ich habe ihm gerade von meiner Nilkreuzfahrt erzählt. Und weil ich vor jeder Reise ein paar Wörter in der Landessprache lerne, konnte ich auf Arabisch zumindest bis 10 zählen. An Deck des Schiffes habe ich mir am Abend dann immer „wa-hett“ Cuba-Libre bestellt“ – einen Cuba Libre. Jeden Tag haben die Kellner gelacht und mir brav meinen Cuba Libre gegeben. Dass da etwas nicht stimmte, habe ich nicht wirklich gemerkt.

Erst, als mich am letzten Abend unser Reiseleiter zu sich nahm, wurde es ernst. Er sagte mir, dass für ein deutsches Ohr die haarfeinen Unterschiede der arabischen Sprache wohl kaum zu hören seien. Und er erklärte mir dann, dass „wa-chett“ – so wie ich es ausgesprochen habe – nicht „1“ heißt, sondern schwul. Ich habe mir also die ganze Woche einen schwulen Cuba Libre bestellt! Nicht nur Hamdi biegt sich gerade vor Lachen! Vor ihm zähle ich auf Arabisch noch einmal bis zehn und er sagt dann auf arabisch zu mir „super“.

Hamdi findet übrigens nichts Komisches daran, als Muslim den Jakobsweg zu gehen. Schließlich erzählt auch der Koran die Geschichte von Maria und von Jesus.

Beide werden als Propheten verehrt.

In der Sure 2/136 des Korans soll laut Hamdi sogar Jakob, der Namensgeber des Jakobsweges erwähnt sein. Damit ist meiner Meinung nach zwar sicher nicht Jakob der Ältere gemeint, um den es am Jakobsweg geht, aber ich lasse ihm einfach seine Meinung. Warum auch nicht?

Denn spätestens hier endet das friedliche Nebeneinander der Religionen. Zwischen 711–719 n.Chr. eroberten muslimische Mauren weite Teile Spaniens. Die sog. Reconquista (Rückeroberung) begann um 718 n. Chr.: In Asturien. Genau hier sind wir gerade. Natürlich werde ich Hamdi nicht vertreiben und auch keine Schaufel über den Kopf ziehen, wie Jean-Louis anmerkt. Und jetzt wird diskutiert.

Die damaligen Auseinandersetzungen dauerten bis 1492 n.Chr. Über unglaubliche 774 Jahre bekämpften sich immer wieder die Religionen in dieser Gegend. Gleichzeitig entstanden aber auch gemischte Familienbanden, Freundschaften und Bündnisse. Handel wurde miteinander betrieben und kulturelles Wissen wurde ausgetauscht.

Jakobus der Ältere (auf Spanisch: Santiago) war einer der zwölf Aposteln Jesu. Legenden erzählen, dass er nach der Himmelfahrt Jesu die Iberische Halbinsel katholisch missioniert haben soll. Also zur Stunde null. Ines merkt etwas spöttisch an, das Jakobus sicher exakt auf der Wiese des Herbergsgartens gepredigt haben soll.

Andere behaupten, Jakobus wäre bei der Missionierung eher ein Versager gewesen. Und hier stimmt Ines wieder ein. Sie meint: Er hat’s wohl selber nicht geglaubt“.

Sei es, wie es ist. Jedenfalls soll Jakobus in Santiago de Compostela beerdigt worden sein. Nach der Wiederentdeckung des Grabes durch eine Lichterscheinung sollen dann im neunten Jahrhundert eine Kapelle und später dann die Kathedrale von Santiago de Compostela über dieses Grab gebaut worden sein. Jakobus wurde nach seinem Tod durch seine Wiedererscheinung zum Mythos.

Damals soll sein Geist auf einem Schimmel in der Schlacht um Clavijo erschienen sein. Das war so etwa um 844 nach Christi Geburt. Natürlich habe der Geist des Jakobus sodann dem König Ramiro I. von Asturien zum Sieg verholfen. (Mir persönlich ist das Gebiet um Clavijo heute eher durch den Rioja-Rotwein und seinen Weingeist ein Begriff.)

Der untote Jakobus

Der seit 844 Jahren (un)tote Jakobus wurde jetzt je nach Sichtweise als Schutzheiliger oder als Maurenschlächter bekannt. Nach und nach wurde Jakobus als Nationalheiliger der Spanier eingespannt. In derselben Epoche eroberte der muslimische Heerführer al-Mansûr wiederum Santiago de Compostela. Er soll allerdings recht ehrenhaft die Reliquien des Jakobus verschont haben, was wiederum Hamdi gut fand.

Ein ewiges Hin-und Her muss es hier also über eine lange Zeit hinweg gegeben haben. Und am Ende war wohl nichts so, wie es in den Büchern steht.

Auf jeden Fall wollten dann irgendwann die ersten Pilger den knöchernen Überresten des Jakobus ihre Ehre erweisen. Also die sog. „Reliquien beschützen“. Wie auch immer. Auf dem Landweg war das wohl zu gefährlich. Hier muss es für die ersten Pilger-Touristen so etwas wie eine Reisewarnung des „Auswärtigen Amtes“ gegeben haben. Also entstand irgendwann um die 844 herum der Jakobsweg an der Küste. Die war ohnehin mittelalterlich-touristisch gesehen die attraktivere Wahl. Welcher Ritter hätte nicht von diesen Stränden geträumt. Ganz zu schweigen von den vielen wirklich äußerst attraktiven Frauen, die mir hier begegnet sind und deren Vorfahren wohl auch damals schon Klasse ausgesehen haben!

Das über was wir gerade reden, das ist der Jakobsweg, auf dem ich mich nun befinde. Ein Traum. Der Jakobsweg an der Küste und durch die Berge. Der Urweg! 844 n. Chr. war Hape Kerkeling und sein Buch wohl noch weitgehend unbekannt.

Was die wahren Gründe für damalige Pilger waren, ist ebenso unbekannt. Oder? Naja, wenn es Menschen so wie wir heute waren, dann hatten sie auch die gleichen Freuden. Und die gleichen Leiden. Wenn der Fürst seine Sünden los werden wollte, dann musste er nicht selbst pilgern. Er konnte die Reise delegieren. Vielleicht gar nicht als Buße. Sondern als wohlverdienten Urlaub. Endlich einmal raus in die weite Welt für den lieben Freund, den treuen Untertan. Heute würde man auch Incentive-Reise oder Reisewettbewerb dazu sagen.

Das lange Wegsein konnte der Untertan seiner Familie natürlich gut begründen. Er musste für seinen Herren sozusagen auf „Dienstreise“ gehen. Zum Erlass dessen Sünden. Sonst könne bei den Untertanen ja schon bald der Blitz in das Gehöft einschlagen usw.

Ein guter Deal also. Damals wie heute war die Reise sicher nicht schlecht. Ganz im Gegenteil. Mit ein paar Goldmünzen konnten sich damalige Untertanen vermutlich weit besseres Leisten, als der heutige Pilger mit wertlosen Euros (sorry)!

Die Kirche stempelte damals wie heute in Santiago und auf Zwischenstationen ab. So hat und hatte immer alles seine Ordnung.

 

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

Kapelle, 16 RIBADASELLA – LA ISLA (Camino de la Costa)

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

16 RIBADASELLA – LA ISLA (Camino de la Costa)

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

Schmale Wege entlang von Kuhweiden, 16 RIBADASELLA – LA ISLA (Camino de la Costa)

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

Glücklich beim Pilgern, 16 RIBADASELLA – LA ISLA (Camino de la Costa)

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Lielien vor der Kuhweide, 16 RIBADASELLA – LA ISLA (Camino de la Costa)

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

Am Strand entlang, 16 RIBADASELLA – LA ISLA (Camino de la Costa)

Gott wird es egal sein, mit welchem Namen wir ihn ansprechen!

Zurück zu Hamdi, mit dem ich mittlerweile eine lebhafte Diskussion um Glauben und Legenden geführt habe. Noch immer können wir über uns gegenseitig lachen und haben uns nicht den Dschihad erklärt. Keiner von uns hat den anderen bekehrt. Überhaupt haben wir mit all den anderen Pilgern festgestellt, dass uns viel mehr verbindet, als uns trennt. Ehrlich gesagt ist das einzige, was uns trennt die Salami!

Jean-Louis fragt allerdings ein wenig spitzfindig, warum denn Muslime auf dem Jakobsweg pilgern dürfen, wenn gleichzeitig allen Nichtmuslimen der Zugang zu Mekka verwehrt sei. Das fände er intolerant und völlig inakzeptabel.

Und dann war er flugs in Marseille, wo er als „Flic“ Polizeidienst abgeleistet hat. Und er kam darauf, dass es Probleme immer nur mit den Einwanderern, den Muslimen gegeben habe. Hamdi hat dazu nichts erwidert und ich bin froh, dass die Diskussion hier nicht weiter geht.

Denn: Wenn es Gott gibt, und daran glaube ich fest, dann wäre es ihm heute Abend sicher völlig egal, mit welchem Namen wir ihn nun ansprechen.

Oder ob wir ihn so, wie Jean-Louis in all den wunderschönen Pflanzen und Geschöpfen wieder erkennen.

Als ich ins Bett gehe, steht der polnische Opa vor mir, der scheinbar kein deutsch spricht. Plötzlich sagt er zu mir „Grüß Gott und gute Nacht!“

Und so gehen wir brav in unser Nachtlager, jeder mit seinem „eigenen“ Gott, um am nächsten Morgen friedlich weiter zu ziehen.

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

Mejora del Entorno de la Playa de Vega am Jakobsweg, Costas en Astruias

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Pilgerherberge LA ISLA mit Wäsche zum Trocknen

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Pilgerherberge LA ISLA mit Wäsche zum Trocknen

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Kirche von LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Sandstrand von LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Trampelpfad im Sand entlang der der Bucht bei LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Caminreal / Bucht bei LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Holzwegweiser mit gelber Jakobswegmuschel vor der Bucht bei LA ISLA (Camino de la Costa) Foto (c) Christian Seebauer

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Holzwegweiser mit gelber Jakobswegmuschel vor der Bucht bei LA ISLA (Camino de la Costa) Foto (c) Christian Seebauer

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Holzwegweiser mit gelber Jakobswegmuschel vor der Bucht bei LA ISLA (Camino de la Costa) Foto (c) Christian Seebauer

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Pilger vor der Bucht bei LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Bucht bei LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Meilenstein vor der Bucht bei LA ISLA (Camino de la Costa),Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Meilenstein vor der Bucht bei LA ISLA (Camino de la Costa), Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Bucht bei LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Meilenstein vor der Bucht bei LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Der Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Farne, Blumen, Meeresbrise

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Trampelpfad von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Jakobsweg: Ein Trampelpfad am Meer entlang

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Traumhafte Küstenlandschaft tut der Seele gut

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Hier kannst Du loslassen!

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Direkt zum Meer

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Etwas Abfrischung am Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Wildgatter “Camin Real – Libre” am Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Wildgatter “Camin Real – Libre” und Pilger

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Ausblick vom Hochplateau auf die Küste, Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Farne, Blumen und Küste, Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Wilde Farne am Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Farne und Blumen säumen hier am Camino die Küste und den Weg

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Pause beim Pilgern inmitten wilder Blumen

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Rastplatz am Küstenweg

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Wildkräuterwiese

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Wilde Doldenblütler am Jakobsweg

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Futter für die Bienen

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Pause in der Blumenwiese, Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Pause in der Blumenwiese

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Hier pilgert man durch Blumenwiesen am Atlantik entlang

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

einsamer Traumstrand am Jakobsweg

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Nach Leces noch 5km wandern

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Verstecktes Jakosbswegschild in Bkumen

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Rotes und blaues Haus, Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Ein rotes Haus, Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Eingesäumt von Blumen, Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Küstenweg von RIBADASELLA nach LA ISLA (Camino de la Costa)

Wandern auf Weisen oberhalb den Klippen

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

Trampelpfad am Atlantik, 16 RIBADASELLA – LA ISLA (Camino de la Costa)

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

Hohe Farne, 16 RIBADASELLA – LA ISLA (Camino de la Costa)

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

Trampelpfad zum Wandern mit hohen Farnen

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

kleiner Feldweg mit gelbem Pfeil und Jakobswegmarkiereung

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

Kleienr Bach in den Atlantik

16 RIBADASELLA - LA ISLA (Camino de la Costa)

Pilger am Küstenweg

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    Christian Seebauer am Jakobsweg

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    Jakobsweg an der Küste
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    Textauszug BURNOUT: Eine Wanderung auf schamlem Grat. Jakobsweg an der Kste Jakobsweg an der Küste: RIBADASELLA – LA ISLA Jakobsweg an der Küste Ribadasella - La Isla Tag 16: 20 km, ca. 500 Höhenmeter. Über San Pedro, San Esteban, Las Tejas. Schon wieder habe ich in meinem Tagebuch notiert: Eine der schönsten Etappen. Und in der Tat, diese Wanderung entlang den Stränden und Klippen ist einzigartig. In Ribadasella habe ich in der Früh bei einer Tasse Kaffee den spanischen Wetterbericht gesehen. Überall Wolken. Und hier vor Ort sogar Blitz und Donner. Doch dann fällt mir zur Erheiterung von Jean-Louis folgende Lebensweisheit ein, die ich einmal gehört habe: Der beste Wetterbericht trifft heut zu Tage mit einer Wahrscheinlichkeit von 71% zu. Die simple Aussage, das Wetter wird morgen Früh so wie heute Abend, trifft hingegen mit einer Wahrscheinlichkeit von 83% zu. Jean-Louis muss lachen. So hat er die Dinge noch nie betrachtet. Gestern Abend zog es noch auf und wurde schön. Und heute ist es schön! So darf es bleiben. Nach der Strandpromende von Ribadasella erwartet uns eine kleine Bergtour mit Alpenkulisse. Bunte Kuhweiden so weit das Auge reicht. Herrlich! All das wird begleitet vom munteren Gebimmel der Kuhglocken. Einige Bauern haben hier sogar Brunnen und Schläuche für die durstigen Pilger eingerichtet. Absolut super! Eine noble Geste. Auf den schmalen Wiesenpfaden lässt es sich heute super laufen. Und dann sehe ich etwas, was ich noch nie gesehen habe. Ein quadratisches Holzhäuschen mit Ziegeldach, welches auf vier Steinsäulen aufgerichtet ist. Ein „Horreos“. Jean-Louis erklärt mir, dass es sich hier um einen alten Getreidespeicher handelt, welchen wir in Asturien noch öfter sehen werden. So ein Horreos steht auf Holzfüßen, die mit einem großen flachen Stein das Fundament des eigentlichen Bauwerkes bilden. Der Stein ist für Mäuse ein natürlicher Überhang, den sie nicht überwinden können. So bleibt das Getreide vor den Nagern verschont. Simpel, aber effektiv! Von Almwiesen geht es nun wieder bergab zum Meer, das erhaben unter uns liegt. Hier befinden sich ein paar Häuser und ein idyllisches kleines Kaffee mit Strandblick. Wie immer menschenleer. Auch Jean-Louis hat nichts dagegen, hier ein wenig zu verweilen. Nach den überwundenen Höhenmetern bestelle ich mir ein kleines Bier und beobachte die freilaufenden Hunde, die hier im Paradies leben. Bis zum Ufer sind es ein paar Hundert Meter. Dazwischen ist alles recht ursprünglich grün bewachsen. Nach der kleinen „Stärkung“ geht es dann im „Garten Eden“ wieder bergauf. Rechts unten begleitet mich der Blick auf den Ozean. Der kleine Pfad hier ist gesäumt von kniehohem Gras, Brombeersträuchern und Blumen. Wir sind wieder von Null auf etwa hundert Höhenmeter gekommen und obwohl wir erst Rast gemacht haben, verspüren wir nun auch unseren ersten Hunger. Zeit haben wir ja ohne Ende, also setzen wir uns einfach neben den Trampelpfad mitten in das weiche Gras. Einsam über dem Meer kann ich sicher etwas für Jean-Louis zaubern! Die Natur vor den Füßen essen Bei der Kräuterwiese, in der wir sitzen, denke ich sofort an einen schmackhaften Wildsalat. Salatschüssel? Kein Problem. Mein Sonnenhut hat ja in etwa die Form einer Salatschüssel und mein Brot habe ich in einer Plastiktüte. Pater Ernesto hat Recht: Nutze die eigenen Ressourcen und deine Fantasie. Hut + Plastiktüte = Salatschüssel. Sofort kann es los gehen mit dem Sammeln. Jean-Louis hat sich ein wenig entkleidet und genießt die Sonne und den Robinson-Crusoe-Ausblick. Dass ich jetzt Salatblätter sammeln gehe, ist ihm zwar nicht so recht geheuer, aber er lässt mich mal machen. Als erstes entdecke ich ganz junge Gierschblätter. Sie erinnern mit ihrer intensiven Würze ein wenig an Petersilie. Auch Giersch ist ein Doldenblütler und daher einem Anfänger nicht unbedingt zu empfehlen. Doch der Geruchssinn kann den Giersch eindeutig von giftigen Vertretern der Gattung Doldenblütler unterscheiden. Direkt vor meinen Füßen wachsen auch frische Huflattichblätter. Ein echter Genuss! Wer noch nie in seinem Leben Huflattichblätter gekostet hat, wird von dem zarten Geschmack begeistert sein. Da kann kein Eissalat aus dem Supermarkt mithalten! Von oben haben die jungen Blätter ein ganz helles und saftiges Grün. An der Unterseite haben sie einen „filzigen“ aber ebenso zarten Saum. Ich nehme mir die Zeit, auch die Blattunterseiten auf Käfer zu inspizieren, aber alles ist so frisch und sauber, dass wir definitiv keinen Wasserhahn benötigen werden. Damit nicht genug. Ich muss nur wenige Meter umhergehen, um weitere Leckerbissen der Natur zu finden. Frische Spitzwegerichblätter! Sie sind mit ihrem einzigartigen Aroma auf jeden Fall eine kulinarische Entdeckung wert! Sie schmecken leicht nussig, sind knackig und mild. Ich blicke zu Jean-Louis und denke mir: Wer so etwas noch nie gegessen hat, wird begeistert sein! Nebenbei entdecke ich ein paar Rukolablätter und wilde Hopfentriebe. Letztere gehören für mich mit zu dem Feinsten, was die Natur zu bieten hat! Bis heute weiß ich nicht, ob man die Blätter der schwarzen Johannisbeere wirklich essen darf, aber zu Hause mische ich sie in jeden guten Salat. Das ursprüngliche Aroma ist sensationell. Also auch davon ein wenig in meinen Hut! Wegwarte blüht hier auch. Sicher kennt jeder die blau-violetten Blüten, die ein wenig den Kornblumen ähneln. Aber das man sie essen kann? Die Wegwarte ist nichts anderes, als die wilde Form des Chicorée-Salates und sie haben einen fantastischen Geschmack, wenn sie jung und frisch sind. Auch Thymian und Majoran wachsen hier an den steinigen Stellen. Direkt daneben finde ich den kleinen Wiesenknopf, dessen Blätter intensiv nach Gurke schmecken. Und: Ich finde die Wegrauke. Sie schmeckt so wie frische Kresse und hat ein würziges, scharfes Aroma. Die ährige Teufelskralle hört sich zwar giftig an, kann es aber mit jedem Eissalat aus dem Supermarkt locker aufnehmen. Und dann gibt es noch jede Menge süßliche Margaritenblätter und kalorienreiche Brennnesselsamen. Letzterer ist mein absoluter Geheimtipp zum Experimentieren. Er schmeckt intensiv würzig und passt hervorragend zu Brot und Salat. Alle Zutaten kommen nun in meinen „Hut“. Jean-Louis unterbricht sein Sonnenbad und sieht mir nun neugierig zu. Auf die Schnelle habe ich einen ganzen „Berg Salat“ gesammelt, den ich frischer nicht zubereiten könnte. Alles mache ich nun klein und mische es in den „Hut“. Darüber schnippel ich dann sehr klein meinen letzten Apfel. Jean-Louis steuert Salz und Pfeffer bei. Und dann: Zwei große Thunfischdosen auf und rein damit. Jean-Louis zaubert noch eine Tomate aus seinem Gepäck. Garniert mit ein paar rosa Blüten vom Wiesenschaumkraut steht unser kulinarisches Mittagsmenü breit zum Verzehr. Bevor Jean-Louis probiert, fotografiert er die Salatschüssel unzählige Male. Mir wird bewusst, dass er hier wohl absolutes Neuland betritt! Mit ein wenig Brot, Wasser und dem riesigen Salatteller werden wir nicht nur satt, sondern: Um einen grandiosen Genuss reicher! Jean-Louis vertraut mir mittlerweile offenbar ganz gut. Zu Anfang hat er in Sachen Grünzeug noch seine Bedenken gehabt. Aber das, was er jetzt auf seiner Zunge zergehen lassen kann, ist sensationell. Die Natur verwöhnt uns mit allem, was sie zu bieten hat! Jean-Louis fragt mich, woher ich all dieses Naturwissen hätte und wie er das auch selbst lernen könnte? Sicherlich haben mich meine Eltern schon als Kind für die Natur begeistert. Aber für das Essbare in der Natur habe ich mich dann erst sehr viel später interessiert. Klar habe ich mittlerweile ein halbes Bücherregal voll von Pflanzen- und Survivalbüchern. Aber das braucht es zu Anfang alles gar nicht. Mein erstes kleines Büchlein über essbare Pflanzen hat mir den Zugang zu dem Allgemeinwissen eröffnet, welches leider irgendwie in der zivilisierten Welt verloren gegangen ist. Es hat dann großen Spaß gemacht, die ersten „idiotensicheren“ Pflanzen zu sammeln. Und damit konnte ich dann nicht nur meine Frau und meine Kinder begeistern, sondern auch mit meinen Freunden im Grünen pflücken! Nach und nach sind dann auch Raritäten dazu gekommen, aber die braucht's für den Anfang gar nicht! Und irgendwann habe ich mich dann auch mit den giftigen Pflanzen beschäftigt, um jede Gefahr auszuschließen. Wenn man bedenkt, dass mindestens Zehntausend verschiedene Pflanzen bei uns heimisch sind und davon vermutlich nur 100 als unbekömmlich bis giftig eingestuft werden, dann kann man beruhigt loslegen, wenn man die wichtigsten Giftpflanzen kennt! Jean-Louis jedenfalls hat jeden einzelnen Bissen genossen und in Anbetracht dessen, dass er von der Natur, die uns ernährt wohl keine Ahnung mehr hat, feuchte Augen bekommen. Auch ich selbst habe jeden Bissen genossen. Schließlich wuchs (bis auf die Thunfischdose) alles direkt neben uns. So einen Wildsalat essen und gleichzeitig auf das unter mir liegende ruhige Meer blicken, das ist der Jakobsweg pur! Es ist absolut erstaunlich, wie hier die unterschiedlichsten Aromen zusammenströmen und ein absolutes Hochgefühl auslösen. Damit meine ich allerdings nicht den ansonsten negativ besetzten Begriff „Aroma“, sondern die pure Natur, die heute wahrlich alles übertrifft! Caminreal Libre! Gleich nach unserem phänomenalen Mittagsmahl geht es glücklich weiter über Kuhweiden. Immer wieder mit tiefblauem Meeresblick. Die Bauern haben hier ihre Weiden eingezäunt. Und manchmal steht beim Übergang zur nächsten Weide extra handgemalt „Caminreal Libre!“. Der wahre Jakobsweg ist für Pilger frei! Nach einem Trip à la Allgäu plus Meereskulisse kommt man dann an einen Kilometer langen Traumstrand. Anstatt den empfohlenen Weg zu nehmen, ist der Strandlauf viel schöner. Weicher Sand unter den Füßen und ein totales Glücksgefühl belohnen jeden einzelnen Meter. Hier, etwa 50 Höhenmeter über dem vor mir liegenden Strand, mache ich ein Foto. Ein hölzernes Jakobswegschild zeigt die Richtung ins Paradies. Ein herrlicher Strandlauf mit Rucksack liegt vor uns. Kilometerweit breitet sich der lange und einladende Sandstrand vor uns aus. Der offizielle Jakobsweg verläuft weniger romantisch entlang der Küstenstraße. Doch die Beschilderung mit der Jakobsmuschel zeigt uns hier die schönste Alternative auf. Heute könnte man baden. Es ist warm genug. Im Hinterkopf behalte ich diese Vorstellung vom Baden und gehe erst einmal weiter. Den Schlüssel für die Herberge und den Pilgerstempel bekommen wir im Ort selbst. Die Herberge ist wunderbar gelegen Aufgeräumt und blitzblank sauber. Und es gibt eine Kochmöglichkeit. Jean-Louis und ich suchen uns erst einmal ein Bett aus. Wie immer liegt Jean-Louis unten und ich freue mich über den „ersten Stock“. Befreit vom Gepäck, schlendern wir dann an den Strand. Baden ist angesagt! Nach zehn Minuten sind wir am Strand. Und bevor wir hinuntergehen, gibt es in einer kleinen Strandbar ein kühles „deutsches Bier“. Das zweite heute. Und nun: Nichts wie ab, an den Traumstrand. Feiner Sand und türkisfarbenes Meer locken zu einem Sprung ins kühle Nass. Hinter der Bucht ragen grüne Berge empor, die aufgrund der außergewöhnlichen Wetterlage noch ein wenig Schnee auf den Gipfeln haben. Es ist der Gebirgsrücken um den Picu Pienzu el Sueve. Der mit seinen 1.112 Höhenmeter mächtige Gipfel ist Luftlinie gerade einmal 5 Kilometer von hier vom Strand entfernt. Von Null auf 1.112, das ist ein gigantisches Höhenprofil auf dieser kleinen Distanz! Rein ins Meer! Niemanden stört es hier, dass ich keine Badehose dabei habe und mit meiner ganz normalen Pilgerhose in den Atlantik sprinte. Heute passt einfach alles. Obwohl der Strand fast menschenleer ist, gesellt sich ein junges spanisches Pärchen mit kleinem Kind zu uns. Und natürlich reden wir sofort über den Jakobsweg. Ihnen muss der Jakobsweg wohl wie ein Paradies von Badestrand zu Badestrand vorkommen. Auch ohne Handtücher wird das Baden ein herrliches Erlebnis für mich. Einfach mitten hinein in den Sand zum Trocknen. Sand über Sand, so unmittelbar habe ich Baden noch nicht erlebt. Meine Badenachbarn meinen „Arena va y viene“, Sand kommt und geht. Klar, irgendwann wird er von selbst davonrieseln! Ich denke mir gerade, dass ich hierher eines Tages mit meiner Familie zurückkommen werde, um Urlaub zu machen. Das schöne Wetter nutze ich in der Herberge gleich dazu, meine Wäsche zu waschen und mit geliehenen Wäscheklammern aufzuhängen. Auch die Schuhe hänge ich an die Wäscheleine unter dem Vordach. Heute möchte ich für die Pilger kochen. In einem kleinen Tante Emma Laden kaufe ich mir vier Packungen Spaghetti, drei Packungen Tomatensauce, frische Meeresfrüchte, frisches Gemüse, Knoblauch und Salat. Schon das gemeinsame Schneiden des Gemüses im Vorgarten der Herberge wird zu einem kleinen Fest. Rotwein habe ich mir nicht besorgt, den würde ich heute von den anderen bekommen. Aber ich bleibe erst einmal beim Leitungswasser. In drei Töpfen koche ich nun die Spaghetti und dünste das Gemüse mit reichlich Knoblauch an. Und das wird morgen niemanden stören! Als Letztes gebe ich dann die frischen Meeresfrüchte in den Topf. Ein fantastisches Aroma. Zusammen Kochen Als rechte Hand assistiert mir Ines, eine junge Pilgerin aus Österreich. Sie hat ihren Kopf vor dem Abenteuer kahlgeschoren und ist mit einem riesigen Rucksack aufgebrochen. Ines macht es großen Spaß, mit zu kochen. Sie richtet den Tisch im Vorgarten wunderschön her. Auch die drei polnischen Pilger, der Opa mit seinen beiden Enkeln sind wieder hier. Und ein französisches Pilgerpärchen aus Marseille. Sie ist eine junge Pilgerin, ganz im Stil des Flower-Powers. Und er ist eigentlich Marokkaner und Muslime. Dennoch geht er den Jakobsweg, um etwas über Gott zu erfahren. Auch der polnische Pilger, den ich in Santillana fotografiert habe, ist hier. Und dann ist da noch ein älterer Franzose, der sich aus dem Trapez eines Surfbretts und einem Reifen eine Art Ochsenkarren gemacht hat. Er ist rückwärts unterwegs. Der Duft des Essens erfüllt nun auch den Schlafsaal und weckt zwei Pilgerinnen, die um diese Zeit schon mal ein wenig geschlafen haben. So wie Ines aufgedeckt hat, macht es besonderen Spaß zu servieren. Sie hat keine Mühen gescheut und jeden Teller mit ein paar Blüten dekoriert. Die Weltreligionen am Tisch Es folgt ein langes und sehr schmackhaftes Abendessen unter dem Vordach der Herberge. Jean-Louis und Hamdi, der junge muslimische Pilger, unterhalten sich über den Glauben. Endlich hat Jean-Louis mal lauter „Franzosen“ bei sich. Und heute sind gleich vier Weltreligionen vereint: Das Christentum, der Buddhismus, der Islam und... der Atheismus. Damit meine ich Ines, die den Gesprächen stundenlang gebannt lauscht. Ihre Eltern haben ihr keinen Glauben vermittelt. Auch wenn ihr „die Kirche“ fremd ist, ist sie auf der Suche nach ihrem Gott. Hamdi erzählt Jean-Louis gerade was vom Salat und ich horche auf. Doch Salat, damit ist nicht der Salat gemeint, den er gerade isst, sondern „Salat“ ist das fünfmalige Gebet. Ich möchte natürlich nicht lachen und sehe also ein wenig weg. Aber Ines muss lachen und dann ist es um mich auch geschehen. All das, was Hamdi über seinen Glauben erzählt, ist für mich fast Deckungsgleich mit dem Christentum. Und auch Jean-Louis kann dem Gedankengut von Hamdi in Teilen zustimmen. Was also soll uns voneinander trennen. Schließlich machen wir gemeinsam den Jakobsweg! Ines erzählt mir davon, dass sie schon vor unzähligen Kirchen gestanden ist und sich kein einziges Mal hinein getraut hat. Irgendwann, wenn sie so weit ist, dann möchte sie sich überwinden und hinein gehen. Auf meine Frage, warum sie nicht einfach mal reingeht, antwortet sie, dass sie etwas Angst davor habe, was dann vielleicht mit ihr passieren könnte. Weiteren Fragen weicht sie aus. Auch hier in La Isla habe ich also, wie fast überall, eine perfekte Pilgerherberge vorgefunden. Keine Spur von dem, was man vom Hauptweg so liest und hört. Wie viele andere Herbergen auch, gibt man für die Übernachtung eine kleine Spende. Die Herbergsleute, bei denen ich meinen Stempel abgeholte, haben mir eine Spende von mir fünf Euro empfohlen. Die Praxis mit einer Spende „Donativo“ finde ich wirklich gut. Pilger, die sich das nicht leisten konnten, müssen sich nicht schämen und können dafür an anderer Stelle wieder etwas gutmachen. Es gibt allerdings auch Pilger, die im wirklichen Leben in völlig anderen Dimensionen leben. Und die können, ebenfalls unerkannt, auch einmal eine viel größere Spende in die typische Holzbox einwerfen. Zechpreller gibt es sicher nicht. Der Glaube ist ihr fremd Das einzige, was mich heute bewegt, ist Ines. Sie wandert stets allein und zieht sich zurück. Irgendwie tut sie mir leid. Sie ist auf der Suche nach einem Glauben. Und doch sind ihr Kirchen, Kapellen und Beten völlig fremd. Dennoch haben wir uns ständig über Dinge unterhalten, die sich dem gewöhnlichen Sein entziehen und durchaus in eine, sagen wir spirituelle Ebene passten. Gerade habe ich Hamdi mit ein paar Zahlen auf Arabisch zum Lachen gebracht. Ich habe ihm gerade von meiner Nilkreuzfahrt erzählt. Und weil ich vor jeder Reise ein paar Wörter in der Landessprache lerne, konnte ich auf Arabisch zumindest bis 10 zählen. An Deck des Schiffes habe ich mir am Abend dann immer „wa-hett“ Cuba-Libre bestellt“ – einen Cuba Libre. Jeden Tag haben die Kellner gelacht und mir brav meinen Cuba Libre gegeben. Dass da etwas nicht stimmte, habe ich nicht wirklich gemerkt. Erst, als mich am letzten Abend unser Reiseleiter zu sich nahm, wurde es ernst. Er sagte mir, dass für ein deutsches Ohr die haarfeinen Unterschiede der arabischen Sprache wohl kaum zu hören seien. Und er erklärte mir dann, dass „wa-chett“ – so wie ich es ausgesprochen habe - nicht „1“ heißt, sondern schwul. Ich habe mir also die ganze Woche einen schwulen Cuba Libre bestellt! Nicht nur Hamdi biegt sich gerade vor Lachen! Vor ihm zähle ich auf Arabisch noch einmal bis zehn und er sagt dann auf arabisch zu mir „super“. Hamdi findet übrigens nichts Komisches daran, als Muslim den Jakobsweg zu gehen. Schließlich erzählt auch der Koran die Geschichte von Maria und von Jesus. Beide werden als Propheten verehrt. In der Sure 2/136 des Korans soll laut Hamdi sogar Jakob, der Namensgeber des Jakobsweges erwähnt sein. Damit ist meiner Meinung nach zwar sicher nicht Jakob der Ältere gemeint, um den es am Jakobsweg geht, aber ich lasse ihm einfach seine Meinung. Warum auch nicht? Denn spätestens hier endet das friedliche Nebeneinander der Religionen. Zwischen 711–719 n.Chr. eroberten muslimische Mauren weite Teile Spaniens. Die sog. Reconquista (Rückeroberung) begann um 718 n. Chr.: In Asturien. Genau hier sind wir gerade. Natürlich werde ich Hamdi nicht vertreiben und auch keine Schaufel über den Kopf ziehen, wie Jean-Louis anmerkt. Und jetzt wird diskutiert. Die damaligen Auseinandersetzungen dauerten bis 1492 n.Chr. Über unglaubliche 774 Jahre bekämpften sich immer wieder die Religionen in dieser Gegend. Gleichzeitig entstanden aber auch gemischte Familienbanden, Freundschaften und Bündnisse. Handel wurde miteinander betrieben und kulturelles Wissen wurde ausgetauscht. Jakobus der Ältere (auf Spanisch: Santiago) war einer der zwölf Aposteln Jesu. Legenden erzählen, dass er nach der Himmelfahrt Jesu die Iberische Halbinsel katholisch missioniert haben soll. Also zur Stunde null. Ines merkt etwas spöttisch an, das Jakobus sicher exakt auf der Wiese des Herbergsgartens gepredigt haben soll. Andere behaupten, Jakobus wäre bei der Missionierung eher ein Versager gewesen. Und hier stimmt Ines wieder ein. Sie meint: Er hat’s wohl selber nicht geglaubt“. Sei es, wie es ist. Jedenfalls soll Jakobus in Santiago de Compostela beerdigt worden sein. Nach der Wiederentdeckung des Grabes durch eine Lichterscheinung sollen dann im neunten Jahrhundert eine Kapelle und später dann die Kathedrale von Santiago de Compostela über dieses Grab gebaut worden sein. Jakobus wurde nach seinem Tod durch seine Wiedererscheinung zum Mythos. Damals soll sein Geist auf einem Schimmel in der Schlacht um Clavijo erschienen sein. Das war so etwa um 844 nach Christi Geburt. Natürlich habe der Geist des Jakobus sodann dem König Ramiro I. von Asturien zum Sieg verholfen. (Mir persönlich ist das Gebiet um Clavijo heute eher durch den Rioja-Rotwein und seinen Weingeist ein Begriff.) Der untote Jakobus Der seit 844 Jahren (un)tote Jakobus wurde jetzt je nach Sichtweise als Schutzheiliger oder als Maurenschlächter bekannt. Nach und nach wurde Jakobus als Nationalheiliger der Spanier eingespannt. In derselben Epoche eroberte der muslimische Heerführer al-Mansûr wiederum Santiago de Compostela. Er soll allerdings recht ehrenhaft die Reliquien des Jakobus verschont haben, was wiederum Hamdi gut fand. Ein ewiges Hin-und Her muss es hier also über eine lange Zeit hinweg gegeben haben. Und am Ende war wohl nichts so, wie es in den Büchern steht. Auf jeden Fall wollten dann irgendwann die ersten Pilger den knöchernen Überresten des Jakobus ihre Ehre erweisen. Also die sog. „Reliquien beschützen“. Wie auch immer. Auf dem Landweg war das wohl zu gefährlich. Hier muss es für die ersten Pilger-Touristen so etwas wie eine Reisewarnung des „Auswärtigen Amtes“ gegeben haben. Also entstand irgendwann um die 844 herum der Jakobsweg an der Küste. Die war ohnehin mittelalterlich-touristisch gesehen die attraktivere Wahl. Welcher Ritter hätte nicht von diesen Stränden geträumt. Ganz zu schweigen von den vielen wirklich äußerst attraktiven Frauen, die mir hier begegnet sind und deren Vorfahren wohl auch damals schon Klasse ausgesehen haben! Das über was wir gerade reden, das ist der Jakobsweg, auf dem ich mich nun befinde. Ein Traum. Der Jakobsweg an der Küste und durch die Berge. Der Urweg! 844 n. Chr. war Hape Kerkeling und sein Buch wohl noch weitgehend unbekannt. Was die wahren Gründe für damalige Pilger waren, ist ebenso unbekannt. Oder? Naja, wenn es Menschen so wie wir heute waren, dann hatten sie auch die gleichen Freuden. Und die gleichen Leiden. Wenn der Fürst seine Sünden los werden wollte, dann musste er nicht selbst pilgern. Er konnte die Reise delegieren. Vielleicht gar nicht als Buße. Sondern als wohlverdienten Urlaub. Endlich einmal raus in die weite Welt für den lieben Freund, den treuen Untertan. Heute würde man auch Incentive-Reise oder Reisewettbewerb dazu sagen. Das lange Wegsein konnte der Untertan seiner Familie natürlich gut begründen. Er musste für seinen Herren sozusagen auf „Dienstreise“ gehen. Zum Erlass dessen Sünden. Sonst könne bei den Untertanen ja schon bald der Blitz in das Gehöft einschlagen usw. Ein guter Deal also. Damals wie heute war die Reise sicher nicht schlecht. Ganz im Gegenteil. Mit ein paar Goldmünzen konnten sich damalige Untertanen vermutlich weit besseres Leisten, als der heutige Pilger mit wertlosen Euros (sorry)! Die Kirche stempelte damals wie heute in Santiago und auf Zwischenstationen ab. So hat und hatte immer alles seine Ordnung. Gott wird es egal sein, mit welchem Namen wir ihn ansprechen! Zurück zu Hamdi, mit dem ich mittlerweile eine lebhafte Diskussion um Glauben und Legenden geführt habe. Noch immer können wir über uns gegenseitig lachen und haben uns nicht den Dschihad erklärt. Keiner von uns hat den anderen bekehrt. Überhaupt haben wir mit all den anderen Pilgern festgestellt, dass uns viel mehr verbindet, als uns trennt. Ehrlich gesagt ist das einzige, was uns trennt die Salami! Jean-Louis fragt allerdings ein wenig spitzfindig, warum denn Muslime auf dem Jakobsweg pilgern dürfen, wenn gleichzeitig allen Nichtmuslimen der Zugang zu Mekka verwehrt sei. Das fände er intolerant und völlig inakzeptabel. Und dann war er flugs in Marseille, wo er als „Flic“ Polizeidienst abgeleistet hat. Und er kam darauf, dass es Probleme immer nur mit den Einwanderern, den Muslimen gegeben habe. Hamdi hat dazu nichts erwidert und ich bin froh, dass die Diskussion hier nicht weiter geht. Denn: Wenn es Gott gibt, und daran glaube ich fest, dann wäre es ihm heute Abend sicher völlig egal, mit welchem Namen wir ihn nun ansprechen. Oder ob wir ihn so, wie Jean-Louis in all den wunderschönen Pflanzen und Geschöpfen wieder erkennen. Als ich ins Bett gehe, steht der polnische Opa vor mir, der scheinbar kein deutsch spricht. Plötzlich sagt er zu mir „Grüß Gott und gute Nacht!“ Und so gehen wir brav in unser Nachtlager, jeder mit seinem „eigenen“ Gott, um am nächsten Morgen friedlich weiter zu ziehen. Webseite mit gutem Content geniesen. Dafür stehe ich! Camino de la Costa/ Jakobsweg an der Kste H1 Inhaltsverzeichnis Jakobsweg an der Küste: RIBADASELLA – LA ISLA Array ( ) Inhalt H2 zum Camino de la Costa/ Jakobsweg an der Küste, Küstenweg Array ( ) Jakobsweg an der Küste, Burnout, Inhaltsverzeichnis H3 Array ( [0] => Webseite mit gutem Content geniesen. Dafür stehe ich! ) 1313Inhalt aus dem Buch BURNOUT: Eine Reise auf schmalem Grat , Jakobsweg an der Kueste und additive Fotos hier auf der Jakobsweg-Webseite (Fotos im Buch nicht enthalten)
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    Fotos zum Camino de la Costa/ Jakobsweg an der Kueste Beitrag Keywords zu diesem Jakobsweg-Beitrag:

    Camino de la Costa, Camino del Norte